Extremistische Gruppen nutzen den Messenger-Dienst Telegram, um offen Straftaten zu planen und anzukündigen. Da die Telegram-Betreiber nicht reagieren, nehmen die deutschen Behörden die Sache nun selbst in die Hand. Aber welche Maßnahmen können ergriffen werden? Kann die Datenschutz-Grundverordnung in bestimmten Situationen außer Acht gelassen werden? Wenn ja, wer entscheidet, in welchen Situation es angemessen ist, Datenschutzgrundsätze außer Kraft zu setzen?
Ein Überblick über die Situation
Seit dem Ausbruch der Pandemie ist der russische Messenger-Dienst Telegram (500 Millionen Nutzer weltweit) immer wieder in den Nachrichten zu sehen. Grund dafür ist aber nicht, weil er oft als die vermeintlich datenschutzfreundlichere Alternative zu WhatsApp gesehen wird. Telegram hat sich vielmehr zu einem Kanal für radikale Gruppen entwickelt: Corona-Leugner oder Impfgegner nutzen „Terrorgram“, um extreme Ideologien auszutauschen, Fake News zu verbreiten, Proteste gegen die Corona-Maßnahmen zu organisieren oder sogar ganz offen Morde gegen Wissenschaftler und Politiker zu planen und anzukündigen.
Ein gefährlicher Trend, der die Menschen polarisiert und spaltet. Und das in Zeiten, in denen die Gesellschaft mehr denn je zusammenhalten sollte. Grund genug für die deutschen Behörden, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Welche Maßnahmen können ergriffen werden?
Das Bundesamt für Justiz hat Telegram bereits mehrfach aufgefordert, seinen Pflichten gemäß des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) nachzukommen – einem Gesetz, das darauf abzielt, Hasskriminalität, strafbare Fake News und andere rechtswidrige Inhalte in sozialen Netzwerken effektiver zu bekämpfen. Von Telegram kam bis heute jedoch keine Antwort. Ob sich die Verantwortlichen wie angegeben wirklich in Dubai befinden und die Briefe wirklich ankommen, ist bislang auch unklar. Außerdem: Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz wurde stark kritisiert, da es die Beurteilung, ob bestimmte Inhalte strafbar sind oder nicht, in die Hände der Plattformen legt und nicht in die des Gesetzes. Aber gibt es wirklich eine Alternative?
Eine datenschutzkonforme Lösung:
Um effektiv gegen Corona-Leugner auf Telegram vorzugehen, sind zwei Punkte entscheidend:
- Die radikalen Nutzer müssen datenschutzkonform identifizierbar sein.
- Die Beurteilung, ob das Verhalten dieser Nutzer radikal ist, darf nicht bei den Plattformen liegen.
Eine geeignete Lösung könnte daher die Meldung radikalen Verhaltens bei den Behörden und in diesen Fällen die Befugnis der Behörden sogenannte Login-Fallen zu setzen sein. Sollten sich die Anschuldigungen nach Ermittlung als wahr erweisen, hätte die Polizei bei einer Login-Falle die Möglichkeit, sobald sich Verdächtige wieder bei Telegram einloggen, auf deren IP-Adressen zuzugreifen und mit diesen Informationen dann von den jeweiligen Telekommunikationsanbietern genauere Informationen darüber zu erhalten, wer die einzelnen Nutzer sind.
Die Login-Falle ist im Moment wohl der geeignetste und datenminimierendste Weg, die gefährliche Verbreitung von Fake News oder Gewaltaufrufen auf Telegram zu bekämpfen, ohne die Grundsätze der Datenschutz-Grundverordnung oder der verschlüsselten Kommunikation zu verletzen. Natürlich sollten solche Themen auch auf internationaler Ebene angegangen werden. Angesichts der zunehmend ausufernden Proteste gegen Corona-Maßnahmen oder Hassverbrechensbekundungen ist dies aber ein erster wichtiger Schritt auf nationaler Ebene.
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